Er lebt in einem kleinen Dorf aus Lehmhütten, wo am Morgen die Sonne rot über die Gipfel steigt und wo es schöner ist als irgendwo sonst auf der Welt. Hier spielt die Geschichte von Thulani. Er ist 11 Jahre alt. Er hat noch eine kleine Schwester, Nomphilo, und seine Gugu, die Großmutter, aber die ist gelähmt und kann nur noch die Arme bewegen. Jeden Tag sitzt Thulani am Grab seiner Mutter und spricht mit ihr. Von Tag zu Tag wurde sie dünner. Jeder in den Hügeln hier weiß, was da heißt – „dünner werden“ – und eines Tages ist sie gestorben.
Thulani ist jetzt der Mann im Haus. Seine Schwester muss Holz sammeln, kochen, Wasser holen. Das ist eine schwere Arbeit – Mädchenarbeit. Aber dafür darf sie zur Schule gehen und muss auch kein Schulgeld zahlen, weil sie noch so klein ist. Thulani ist groß, er darf nicht mehr ohne Schulgeld in die Schule gehen – also bleibt er zu Hause.
Manchmal spielt er oben auf dem Plateau mit den anderen Jungs Fußball. Mit einem Ball, den sie aus alten Lappen geknotet und mit Gras gefüllt haben. Dann lachen sie und brüllen „TOR“ so laut, dass Thulani das Glück im ganzen Körper spürt. Und dann beginnt er zu träumen: Von weißen Männern mit Sonnenbrillen, von Europa, von Häusern aus Stein, ein Paar Schuhen…
Kirsten Boie zählt zu den bekanntesten deutschen Kinderbuchautoren. Die Geschichte wurde mit dem „Luchs des Jahres 2014“ ausgezeichnet .